Jubelmeldungen zu Bauaktivitäten in Vilbel verschleiern Wohnungsmangel

Niedrige und mittlere Einkommen profitieren fast nicht vom Bauboom

Clemens Breest, Vorsitzender der Grünen in Bad Vilbel

In den letzten Tagen gab es verschiedentliche Meldungen über den Bauboom in der Region und insbesondere in Bad Vilbel. Das vermehrte Bauen gilt vielen als angemessene Antwort auf die Wohnungsnot und steigende Mieten. Doch bei Licht betrachtet bedient längst nicht jeder Neubau die Gruppe der Wohnungssuchenden. „Es ist Rosstäuscherei, wenn Politiker angesichts des verschärften Wohnraumbedarfs auf 273 in Bad Vilbel fertiggestellte Wohnungen im vergangenen Jahr verweisen und die Stadt somit in einer Spitzenposition sehen. Denn gemessen an fertiggestellten Sozialwohnung mit entsprechend geringem Mietzins, rangiert Bad Vilbel für das vergangene Jahr auf dem letzten Platz“, verdeutlicht Clemens Breest, Vorsitzender der Grünen in der Stadt und Landtagskandidat. „Während manch ein Politiker, der im Aufsichtsrat eines Bauunternehmens sitzt, über gute Geschäfte jubelt, haben Menschen mit geringen oder mittleren Einkommen das Nachsehen. Auf diesem Wege wird der Wohnraumbedarf nicht beseitigt werden.“

Christopher Mallmann, wohnungspolitischer Sprecher

Christopher Mallmann ergänzt als wohnungspolitischer Sprecher der Grünen Fraktion: „Seit Jahren verlieren wir durch auslaufende Mietpreisbindungen Sozialwohnungen in erheblicher Zahl. Das verschärft für Menschen, die auf solche Wohnungen angewiesen sind, die Situation unvermindert weiter.“ Das Land Hessen fördert mit erheblichen Mitteln den Aufkauf von Belegungsrechten, um Sozialwohnungen als solche zu erhalten. Doch die Stadt verzichtet besonders bei der Genossenschaft GBW darauf, günstigen Wohnraum auf diesem Wege zu sichern. „Für Politiker, die der Baubranche nahstehen, sind Bauprojekte im Hochpreissegment und ein steigendes Mietniveau natürlich interessanter als Maßnahmen zum preisgünstigen Wohnen“, ärgert sich der Stadtverordnete.

Breest sieht die Lösung des Wohnraumbedarfs nicht in einer blinden Bauwut, die durch Abstriche bei den Baustandards auf Äckern billige Schlafstädte entstehen lässt. „Die Folgen einer solch kopflosen Baupolitik werden heute mit Milliardenkosten in Deutschland zurückgebaut oder gemildert“, erläutert Breest. „Es braucht keine Landesmittel, um Bürgermeister zu animieren, grünen Wiesen in Bauland umzuwandeln. Landesmittel müssen gezielt für die Errichtung günstigen Wohnraums eingesetzt werden. Und zum anderen braucht es Anstrengungen, den ländlichen Raum attraktiver zu gestalten, um Menschen dort zu halten. Es ist absurd einen Prozess zu fördern, der sowohl Leerstand als auch neue Betonwüsten produziert.“

Derzeit sind in Bad Vilbel lediglich einige wenige Wohnungen mit günstigen Mieten geplant oder im Bau. Wobei hier im Zusammenhang mit diesen Projekten auch irreführende Meldungen im Umlauf sind. Von den 74 Wohnungen, die in der Konrad-Adenauer-Allee in Dortelweil derzeit errichtet werden, wird keine einzige eine Sozialwohnung nach den Richtlinien des Landes sein. Und von den Bauplanungen im Berkersheimer Weg und in Massenheim, wo günstiger Wohnraum entstehen soll, ist gar nichts mehr zu hören.

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