Stellungnahme zur 191. Vergleichenden Prüfung „Kinderbetreuung“ durch den Rechnungshof

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Kathrin Anders, Fraktionsvorsitzende

Die Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN sieht in der vorliegenden Prüfung einen wertvollen Beitrag, einen detaillierten Einblick in den Umfang, die Auslastung und die Wirtschaftlichkeit der städtischen Kinderbetreuung nehmen zu können. Anfragen der Stadtverordneten wurden bisher nicht so zufriedenstellend beantwortet wie es nun dieser Prüfbericht tut. So gab es etwa auf die Frage des Kostenanteils der Eltern bisher unterschiedliche Angaben. Der Prüfbericht gibt hier nun den Stadtverordneten eine klare Antwort. Auch zeigt der Vergleich mit anderen Städten, dass Bad Vilbel sehr gut aufgestellt ist, was Angebot und Wirtschaftlichkeit betrifft. Hier zahlt sich das Engagement des Fachbereichs positiv aus. Als Stadt mit dem zweithöchsten Kinderanteil (10,9%) unter den Vergleichsstädten ist es eine große Leistung die zweitbeste Betreuungsquote (62,6%) zu erzielen. Das rechtfertigt auch den Zuschussbedarf von knapp sieben Millionen Euro in 2014. Im Vergleich weist Bad Vilbel den geringsten Zuschussbedarf pro Kinderäquivalent auf (2.700 Euro, Durchschnitt: 3.160 Euro).

Die Grünen teilen jedoch nicht das Fazit des Rechnungshofes, das aus dem Zahlenwerk geschlussfolgert wird. Das Fazit halten wir aufgrund der rein einseitigen wirtschaftlichen Betrachtung für unrealistisch. Der Prüfbericht selbst räumt ein: „Politische und soziale Überlegungen sowie insbesondere pädagogische Aspekte werden nicht betrachtet.“ (Seite 31) Da unserer Meinung nach soziale und insbesondere pädagogische Aspekte in der Kinderbetreuung nicht nur unabdingbar sondern sogar vorrangig sind, führt der Prüfbericht in eine papierne Scheinwelt, die wenig mit der realen Lebenswelt zu tun hat. Dementsprechend weltfremd fallen die Empfehlungen zur Steigerung des Kostenanteils der Eltern, Abbau von Vergünstigungen bei gleichzeitigen Personaleinsparungen aus. Insgesamt legt der Prüfbericht der Stadt Bad Vilbel nahe, den Zuschussbedarf pro Kinderäquivalent um knapp 1.000 Euro zu entlasten (Zuschussbedarf pro Kinderäquivalent nach Ausnutzung aller Einsparpotenziale: 1.774 Euro).

Das Fazit des Berichts, Horte nach und nach abzubauen und Elternbeiträge stetig zu erhöhen, dürfen kein erklärtes Ziel für Bad Vilbel sein. Die Kinder in unserer Stadt dürfen nicht zur Kasse gebeten werden, wenn es an anderer Stelle gleichzeitig wieder großzügig ausgegeben wird. Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung muss in einer jungen Stadt, wie sie Bad Vilbel dankenswerterweise nun einmal ist, vorrangige Priorität haben.

Ein Blick in den Alltag der Vilbeler Kinderbetreuung zeigt: Immer wieder kommt es wegen Personalmangels in den Kitas teilweise zu Gruppenschließungen oder Eltern werden gebeten ihre Kinder für eine Weile Zuhause zu betreuen. Der reguläre Kita-Betrieb ist mitunter wegen Personalausfalls aufgrund von Krankheit, Fortbildung oder Urlaub oft genug gefährdet. Dies ist für alle Beteiligten eine völlig unbefriedigende Situation. Noch dazu kommt, dass nicht alle Stellen des Stellenplans besetzt sind und deshalb eine sogenannte Überversorgung nur auf dem Papier existiert.

Ebenso wenig darf die Betreuung von Schülerinnen und Schülern in Horten abgebaut werden. Für Eltern ist der Wechsel ihrer Kinder von der Kita in die Schule mit großen Schwierigkeiten und Unsicherheiten hinsichtlich der Betreuung verbunden. Es stehen definitiv zu wenige Plätze zur Verfügung und es braucht noch erhebliche Anstrengungen von Stadt, Kreis und Land, um den Pakt für den Nachmittag an allen Bad Vilbeler Schulen einzuführen. Erst wenn Schulen echte Ganztagsangebote anbieten und somit die Nachfrage nach Hortplätzen sinkt, kann über eine Reduktion der Hortplätze nachgedacht werden.