Handlungsbedarf in Vilbels Natur

2015-12-06_Naturführung der Grünen Peter Paul erklärt Nachhaltigkeit

Peter Paul erläutert das Prinzip der Nachhaltigkeit

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Peter Paul

Bei einer von den Grünen initiierten Naturführung gab es aufschlussreiche Einblicke in die Vilbeler Natur. Eine Gruppe von 15 Personen ließ sich von Peter Paul und Christian Dittmann den vertrauten Vilbeler Wald, die Berger Wiesen und den Wingert näher erläutern. Den TeilnehmerInnen wurden umwelttechnische Maßnahmen und Schutzvorkehrungen erläutert. Dabei wurden ökologische Zusammenhänge erklärt und auf bedenkliche Entwicklungen hingewiesen. Am Ende der Tour war deutlich, warum wir in Bad Vilbel dringend eine durchgehende Schutzzone der wertvollen Ökosysteme benötigen.

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Christian Dittmann

Der Zustand der städtischen Grünflächen und Biotope in der Bad Vilbeler Gemarkung haben deutliche Auswirkungen, angefangen von der Artenvielfalt bis hin zum Stadtklima.

Für diese Exkursion standen Peter Paul, der Leiter des Initiativkreises Ökologie in Bad Vilbel und grüner Stadtverordneter, sowie der Landschaftsökologe und grüne Kandidat Christian Dittmann zur Verfügung. Gleich zu Beginn wurden auf sichere Kennzeichen des Klimawandels hingewiesen. War in früheren Jahren der Ritterweiher zu dieser Jahreszeit zugefroren und gab es Schnee, so konnte die Gruppe sich aktuell über herrlichen Sonnenschein bei milden Temperaturen erfreuen. Deutlich bedenklicher ist es, dass viele Vilbeler Bäche selbst jetzt im Dezember und trotz ausgiebigen Regens in den vergangenen Tagen kein Wasser mehr führen. Das ungewöhnlich niederschlagsarme Jahr hat die Böden völlig ausgetrocknet. Und selbst jetzt reichen die Niederschläge nicht aus, um für eine nötige Regeneration zu sorgen. Aufgrund der milden Witterung treiben Pflanzen wie Hasel und Weiden bereits aus und bilden Blütenstände wie im Frühling. Wilde Brombeeren wuchern aufgrund der warmen Temperaturen und des Nährstoffeintrags aufgrund von Stickoxiden. Unsere Pflanzenwelt unterliegt enormen Veränderungen aufgrund der letztendlich vom Menschen zu verantwortenden Einflüsse.

Umso wichtiger ist die Bedeutung eines nachhaltigen Lebenswandels im sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen sowie im politischen Bereich. Am Stadtwald konnte Herr Paul aufzeigen, wie eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes gemäß dem FSC-Zertifizierungssystem ausgesehen hat. „Allerdings hat die Stadt aus Kostengründen dieses System aufgegeben zugunsten des billigeren und weniger wirkungsvollen PEFC-Programms.“, berichtet Herr Paul.

Eine weitere Bedrohung der heimischen Pflanzenwelt wird auch durch den Menschen mitverursacht. Immer mehr fremde Pflanzen, sogenannte invasive Neophyten wie der Japanknöterich, werden eingeschleppt. Diese setzen sich mitunter sehr aggressiv gegen heimische Pflanzen durch und verdrängen diese letztendlich. Dies geschieht auch durch die gedankenlose und verbotswidrige Entsorgung von Gartenabfällen am Waldrand. Mit aufwändigen Maßnahmen versucht man, die Neophyten wieder zurückzudrängen.

Aber auch menschliche Eingriffe in die Landschaft und „Landfraß“ stellen eine ernste Bedrohung der heimischen Flora und Fauna dar. Um diese vor Rückgang und Aussterben zu bewahren, müssen weitere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Peter Paul weist beispielhaft auf die nötige Renaturierung des Gronauer Feldbachs und die Einrichtung eines Biotopverbunds hin. „Auf Vilbeler Gebiet sind viele Biotope inzwischen isoliert. Aufgrund der fehlenden Verbindungen findet kein genetischer Austausch der Arten mehr statt. Dies führt zum Rückgang der Populationen und letztendlich zum Aussterben.“, erklärt Herr Paul. Deshalb braucht es durchgehende geschützte Grünzüge durch Bad Vilbel vergleichbar dem Frankfurter Grüngürtel, um die heimische Tierwelt zu erhalten.

Auf den Berger Wiesen erklärt Peter Paul deren Bedeutung für das Vilbeler Stadtklima. Insbesondere im Sommer heizt die Stadt sich enorm auf. Nachts kommt es kaum zu einer Abkühlung, da versiegelte Flächen und Gebäude die Wärme des Tages abstrahlen. Über Grünflächen bildet sich hingegen nachts Kaltluft, die dann über Frischluftschneisen in die Stadt gelangen kann. Diese Kaltluftschneisen sorgen ganzjährig für frische Luft und in den zunehmend heißeren Sommern für ein erträglicheres Klima. Christian Dittmann ergänzt: „Nicht nur die Grünflächen am Stadtrand sind dafür wichtig. Auch innerhalb von Bad Vilbel braucht es ausreichend Grün, um die städtische Luft zu reinigen und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Ohne ausreichend Pflanzen wird es aufgrund der wachsenden Bauverdichtung und dem voranschreitenden Klimawandels zunehmend unangenehmer in der Stadt.“

Clemens Breest, Bürgermeisterkandidat der Grünen, konstatiert: „Bad Vilbel ist bedauerlicherweise eine baumarme Stadt. Und die bisherige Politik des Grünflächenamtes verschärft diesen Umstand noch zusätzlich.“ In Bad Vilbel gibt es mittlerweile nur noch 390 Bäume pro Quadratkilometer Stadtfläche. Das benachbarte Frankfurt hingegen kommt trotz einer mehr als doppelt so hohen Einwohnerzahl pro Quadratkilometer auf 771 öffentliche Bäume in derselben Fläche.

Diese Naturführung hat die Bedeutung der Forderungen des grünen Wahlprogramms sehr schön veranschaulicht. Denn das Grün in einer Stadt bestimmt maßgeblich die Lebensqualität darin. Zum Schutze und Entwicklung der Vilbeler Lebensqualität fordern die Grünen u.a.:

  • 1.000 Bäume für Bad Vilbel mitsamt einer Baumschutzsatzung und Kurparksatzung
  • Pflanzung von Stauden in Parkanlagen sowie Ausweitung von Blühflächen entlang der Straßen
  • Eine Grüne Lunge für Bad Vilbel: Das Gebiet entlang der Nidda und Erlenbach durch die Stadt, ferner die durchgehenden Grünflächen um den Heilsberg, der Stadtwald im Süden, die Streuobstwiesen im Osten von dort nördlich bis in das Niddaknie bei Dortelweil und östlich bis nach Gronau soll als ein zusammenhängendes Landschaftsschutzgebiet festgeschrieben werden.
  • rechtskonforme Umsetzung der grünordnerischen Festsetzungen in den Bebauungsplänen für den Ausgleich im Naturhaushalt
2015-12-06_Naturführung der Grünen Ausklang

Ausklang der Naturführung mit warmen Getränken und Keksen

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